In den 80ern setze man in der von Männern dominierten Chefetage des global wirkenden Unternehmens, in dem ich arbeitete, nur im Marketing der Produkte mit emotionalisierenden Werbefilmen auf Gefühle; bei meinem Personalleiter machte man sich damit verdächtig: „Frau Diehm, Sie reagieren wieder emotional!“ wurde mir vorgeworfen, wenn mir die Gesichtszüge entglitten; ich fand als Kommunikationsberaterin der Geschäftsleitung zum Beispiel nicht so toll, wenn zu Sparmaßnahmen und Verständnis für Einkommenseinbußen bei den Mitarbeitern geworben und gleichzeitig entschieden wurde, dass der Chef im neuen Firmen-Porsche vorfahren könne. Gefühle nicht nur zu haben, sondern auch zu zeigen, wurde als Schwäche interpretiert; paradoxerweise jedoch nutzte der damalige Personalleiter meine Schwäche, wenn es darum ging, seismographisch mögliche Reaktionen von Mitarbeitern vorherzusehen.
Damals war ich leider noch nicht so weit, selbstbewusst zu argumentieren, dass alle Menschen (also nicht nur die mit Gebärmutter) mit Kopf und Bauch entscheiden; sie sich etwas vormachen, wenn sie glauben, dass ihre Entscheidungen rein rational begründet sind.
„Das Geheimnis kluger Entscheidungen – Von Bauchgefühl und Körperentscheidungen„
Dieses Buch von Maja Storch ist in 2017 in der 10. Auflage bei Piper zu finden in der erweiterten Neuausgabe.
„Körpersignale sind für kluge Entscheidungen unentbehrlich“ so schreibt Dr. Storch, die wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Selbstmanagement und Motivation Zürich.
Wie wir im Alltag Entscheidungen besser treffen können, indem wir Intuition und Gefühl integrieren, darum geht es im Buch. Die Autorin stützt sich auf Gehirnforscher Damasio und Roth, schreibt verständlich und unterhaltsam, die kleinen Zeichnungen verdeutlichen noch auf einer anderen Ebene, wie wir somatische Marker einsetzen können: „Psychisches Wohlbehagen entsteht, wenn die Bewertung aus dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis – die unbewusste Bewertung – und die Analyse des Verstandes – die bewusste Bewertung – zu übereinstimmenden Ergebnissen kommen.“ Das Zusammenspiel wird besonders interessant, wenn es um Motivation geht: Wie bringe ich als Jugendlicher den Wunsch, meine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, und das Unwohlsein, früh aufstehen zu müssen, in Einklang, sodass ich mich tatsächlich motiviert auf den Weg mache? Aufstehen oder Liegenbleiben?
Erst Wörtertausch, dann mit einer Erzählung festigen – das wirkt
Im Buch werden auch bei Entscheidungen dieser Art mehrere Methoden angeboten. Da wir schreibtherapeutisch auch mit Jugendlichen in der Ausbildung arbeiten, führen wir eine der Methoden, die des „Wörtertausches“ weiter, indem wir die Jugendlichen bitten, eine Geschichte zu schreiben. Sie nutzen also nicht nur Worte, die Vorstellungsbilder erzeugen (z.B. statt „Angst“ das Wort „Mut“, wenn es um Mobbing in der Schule geht), sondern wir nutzen narrative Techniken, indem wir -in diesem Fall- zum Beispiel eine Mutmachgeschichte schreiben lassen, in der sie selbst ihre Angst überwinden und sich einmischen, sagen was sie denken. Das Ganze im Präsens, so, als ob es sich gerade abspielt. Das macht sich als Bild fest, das wirkt dann später auch wieder von innen heraus als unbewusste und später bewusste Steuerung des Verhaltens.
Zu Beginn nicht einfach, weil viele Jugendliche erst lernen müssen, ihre Gefühle überhaupt zu differenzieren und in Worte oder Bilder zu fassen… aber genau das hilft ihnen in Beruf und Privatleben ungemein.