Die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten ist in Deutschland ein großes Thema. Schon zweimal habe ich in Blogbeiträgen von Chefarzt Jalid Sehouli und seinem Buch „Die Kunst, die schlechte Nachricht besser zu überbringen“ erzählt. Hier bei Reliasleaning, da bei Schreibenbeflügelt. Hier geht’s zum Buch:
Heute war ich in der Urania, und habe wieder erlebt, wie fasziniert Zuhörer sind von einem Arzt, der „auf Herzenshöhe“ mit ihnen spricht. Der ihnen vorliest aus seinem Buch, und belletristisch mit seinem Storytelling Verständnis weckt für beide Seiten: Für die der Patientin, die angstumwölkt auf ihre Diagnose wartet, und für die der Ärztin, die zwischen mehrstündigen OP’s auch noch in Vertretung ihrer Kollegin eine böse Diagnose überbringen muss.
Wir bekommen, was wir fordern. Wenn wir nichts fordern, bekommen wir auch nichts.
Warum gehen wir eigentlich nicht alle auf die Barrikaden und fordern bei den Krankenkassen ein, dass wir das Arzt-Patienten-Gespräch für so wichtig halten wie eine Medizin, und dass wir wollen, dass es angemessen bezahlt wird? Ärzte dafür ausgebildet werden, so wie es Sehouli an seiner Klinik tut, damit auch der 1,0 er Abiturient, der bislang nur Schulstoff gelernt hat, erlebend übt, wie man Gespräche mit Patienten führt? Eine cleverer Ansatz, jetzt unterschiedliche Berufsgruppen (Polizei/Ärzte) miteinander trainieren zu lassen: Denn bei der jeweils anderen Berufsgruppe fällt eher auf, was sonst dem blinden Fleck geschuldet nicht gesehen wird. Supervision ist notwendig, wenn mit Menschen gearbeitet wird – mir drängt sich die Frage auf, warum Lehrer nicht auch supervisioniert und bestimmten Qualitäts-ansprüchen unterzogen werden, denn sie nehmen sich des Wertvollsten an, was wir haben: Unserer Kinder. Und Erzieher dagegen total unterbezahlt. Ich könnte heute weiter wettern, weil der so unaufgeregte Vortrag in der Urania soviel Unruhepotential, soviel Grund zum Rebellieren, bewusst gemacht hat.
Gute Kommunikation – im Dialog mit sich und anderen
Dabei habe ich schon was unternommen: Was die Kinder angeht, war ich als Elternvertreterin und Lerntherapeutin unterwegs. Und die gute Kommunikation will ich fördern in meiner ehrenamtlichen Arbeit in der Europäischen Künstlergilde für Medizin und Kultur, der auch Jalid Sehouli angehört. Gegründet von Dr. Adak Pirmorady kommen hier Therapeuten und Ärzte zusammen, die sich engagieren wollen; u.a. für den verstärkten Einsatz künstlerischer Therapien, die auch für bessere Kommunikation sorgen. Und wo organisieren sich die Patienten? Ich bin gespannt.
Seine Motivation
Was bewegt einen renommierten Chefarzt an der Charité, sich so über das übliche Maß eines Chirurgen hinaus zu engagieren? Die Position der Patienten im Perspektivwechsel einzunehmen, und nicht einfach auf der Position des weltweit agierenden Chefarztes im weißen Kittel zu verharren? Auch darin ist Professor Jalid Sehouli eine wohltuende Ausnahme. Er ist sich der eigenen Entwicklung bewusst, gesteht sich ein, dazuzulernen. Und er treibt Projekte voran: Seine Lesungen und die Kampagne für den Einsatz des Gesundheitsfördernden Kreativen Schreibens mit der Schreibtour durch deutsche Kliniken ist nur ein Beispiel. Warum er schreibt, sich eine Lesung nachmittags zumutet, wo er doch nach dem Auftritt an der Urania wieder in die Klinik fährt? Erst ganz zum Ende der Veranstaltung gesteht er: „Ich könnte meinen Job als Chefarzt nicht dauerhaft ausüben, wenn ich nicht schreiben würde“.
Weiter geht’s
Am 15.3.2019 stellen wir in der Urania unser gemeinsames Buch vor „Mit Schreiben zu neuer Lebenskraft“, Ausschreibung folgt